Kein stilles Kämmerlein: Arbeitsalltag als Texter

Zuletzt aktualisiert: 04.03.2020 | 0 Kommentare

Einleitung

Wer textet, sitzt nur noch zuhause, hat keinen Kontakt zur Außenwelt und schreibt still in seinem Kämmerlein vor sich hin. So stellen sich viele den Alltag eines Freelance-Texters vor – entweder als Horrorszenario oder als Lebenstraum, je nach Charakter.

Doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Texter zu sein ist sehr vielseitig, und das nicht nur thematisch. Das eigentliche Schreiben ist nur ein Teil Deiner Arbeit als Freelancer (wenngleich natürlich ein sehr wichtiger). In diesem Beitrag möchte ich mit einigen Mythen – positiven wie negativen – aufräumen, die über die Arbeit als Texter kursieren. Damit Du Dir wirklich ein Bild davon machen kannst, wie Dein Alltag aussehen wird.

Mythos #1: Den ganzen Tag nur noch an Worten feilen

„Ich liebe es zu schreiben! Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als den ganzen Tag zwischen Büchern zu sitzen und für Texte zu recherchieren und dann an meinen Worten zu feilen!“

Tatsächlich höre ich das sehr oft von Menschen, mit denen ich über meinen Beruf spreche. Gerade Menschen, die ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert haben und eigentlich am liebsten in die Forschung gegangen wären, fühlen sich davon auf Anhieb oft angesprochen. (Nicht umsonst nennt man ja Texten das Taxifahren von heute.)

Für manche Menschen ist es ein Wunschtraum, nur noch zuhause zu sitzen und sich mit Sprache und Büchern zu befassen. Das kann ich zwar gut verstehen, aber als Texter sieht Dein Arbeitsalltag ganz anders aus.

Vor allem geht es beim Schreiben von Werbetexten weniger darum, an seinen Worten zu feilen und ein ästhetisches opus magnum abzuliefern. Es geht darum, meistens recht schnell Top-Texte abzuliefern – und was „top“ ist, richtet sich danach, was Dein Kunde möchte, und nicht danach, was Du schön und gelungen findest.

Natürlich wird es Werbetexte geben, die Du selbst auch super findest. Insgesamt aber decken sich die Kriterien für gute Werbetexte nur selten mit dem, was wir als Geisteswissenschaftler als ästhetisch gelungen erachten.

Mythos #2: Okay. Aber wenigstens muss ich nur noch Texte schreiben!

Hm… auch das stimmt nicht so ganz. Klar: Einen Großteil der Zeit verbringt ein Texter natürlich damit, seine Aufträge abzuarbeiten, also eben – zu schreiben. An diese Aufträge muss er aber auch irgendwie kommen.

Das wiederum bedeutet, dass beim Texten das Netzwerken und das Sich-Präsentieren eine ebenso große Rolle spielen wie in (fast) jedem anderen Beruf auch.

Bei mir ist das – geschätzt – etwa so: Gut 60% meiner Zeit verbringe ich mit dem tatsächlichen Schreiben von Aufträgen. Dazu kommen noch etwa 5-10% für administrative Dinge – Arbeitskoordination, Rechnungen schreiben, sonstige Korrespondenzen und so fort. Die restlichen 30% sind Akquise, Kontaktaufbau und Kontaktpflege, beispielsweise auch durch Teilnahme an Konferenzen und Workshops.

Mythos #3: Mehr als Schreibtalent braucht es nicht

Schreiben, das kann ich! Und mehr braucht ein Texter ja nicht…

Um zu texten, brauchst Du ein gewisses Talent für den kreativen Umgang mit Sprache – klar. Dennoch ist texten nicht einfach „schreiben“. Es ist ein Handwerk, dass aus vielen verschiedenen Bausteinen besteht. Sie alle sind wichtig, damit Du hervorragende Leistungen erbringst (und entsprechend Geld verdienst). Zu diesen Bausteinen gehören etwa Verkaufspsychologie, Neuro-Marketing, Online Marketing, Suchmaschinenoptimierung und vieles andere mehr.

Es ist auch nichts, was man einmal erlernt und womit man dann „fertig“ ist. Im Online Marketing ist vieles im Fluss. Um immer Top-Content zu liefern, musst Du auch in Sachen Marketing und SEO immer up to date bleiben. Fortbildung ist also auch sehr wichtig!

Mythos #4: Endlich Arbeit ohne Menschen!

Doch, klar! Wie ich Dir schon im vorherigen Abschnitt beschrieb, besteht Dein Job zu mindestens 30% aus Kontaktpflege und Kontaktaufbau – zu möglichen Kunden, aber auch zu Kollegen, die Du nett und kompetent findest, die Dir mal einen Tipp geben können und Dir vielleicht sogar mal einen Auftrag weiterreichen.

Du musst nicht unbedingt jemand sein, der besonders extrovertiert ist, und Du musst auch keine Kaltakquise bei Unternehmen machen. Das habe ich auch nie getan, und ich bin auch wirklich kein besonders extrovertierter Mensch.

Aber wenn Du auf Workshops und Konferenzen unterwegs bist, dann kommt man ins Gespräch, und Kontakte ergeben sich. Dann musst Du diese eigentlich nur noch pflegen – und das ist auch für schüchterne Menschen eigentlich kein Problem.

Das stille Kämmerlein ist möglich…

…aber es hat seinen Preis!

Es ist möglich, auf diese Akquisearbeit und das ganze Drumherum zu verzichten.

Du kannst zum Beispiel ausschließlich für große Crowdsourcing-Agenturen schreiben, beispielsweise Textbroker oder Content.de.

Wenn Du Dich dafür entscheidest, verzichtest Du jedoch auf die Möglichkeit, wirklich gut bezahlte Aufträge zu bekommen, und Du musst für Dein Einkommen dann bedeutend härter arbeiten.

Alternativ kannst Du Dir natürlich auch eine Festanstellung als Texter suchen. Das Problem: Den Einstieg schaffst Du meist nur über ein Netzwerk oder durch bereits gesammelte Erfahrungen, z.B. auch Praktika in Werbeagenturen o.ä. – für Quereinsteiger ist das eher schwierig, es sei denn, Du hast Kontakte in die Branche.

Okay, Ann-Kristin: Wie sieht denn Dein Tagesablauf aus?

Ich werde das oft gefragt. Die Wahrheit ist: Das kann ich so pauschal nicht sagen – und genau darum liebe ich meinen Job. Der typische Freelancer-Tag für mich… vielleicht etwas in dieser Art:

Je nachdem, ob ich am Abend vorher bis nachts (morgens) gearbeitet habe oder um 21 Uhr im Bett lag, stehe ich zwischen 6 Uhr und 10 Uhr auf.

Dann brauche ich grundsätzlich mindestens eine Stunde Zeit und eine Kanne Schwarztee mit Milch, bevor irgendwas in meinem Körper normal funktioniert.

Meistens mache ich dann Yoga, es sei denn, es ist gerade eine sehr stressige Phase. (Und ja, ich weiß, dann man eigentlich gerade dann Yoga machen sollte.)

Und dann arbeite ich mich halt so durch den Tag – in meinem Rhythmus. Das liebe ich!

Ich bin kein Mensch, der kreative Höchstleistung bringt, wenn man ihn an einen Bürostuhl und eine Stempeluhr kettet. Ich arbeite meist als drei bis vier Projekten gleichzeitig. Je nachdem, wo es gerade flutscht, wird gearbeitet. Fällt mir zwischendurch zu dem anderen was ein, mache ich erstmal dort weiter oder mache mir eine Notiz.

Manchmal schreibe ich stundenlang ohne Unterbrechung. Manchmal stehe ich alle fünf Minuten auf, mache zwischendurch andere Sachen, gehe mal kurz spazieren, treffe mal kurz jemanden… Und diese Möglichkeit zum „Inkonstanten“ in meinem Leben macht für mich Freiberuflichkeit so attraktiv.

Bottom line is…

Gib Dich nicht der Illusion hin, dass Texter sein bedeutet, dass Du nur noch zuhause herumsitzt, keine Menschenseele mehr zu Gesicht bekommst und an möglichst kunstvoller Reihung von Wörtern herumfeilst.

Texten ist keine Kunst, sondern ein Handwerk (das ich Dir hier beibringen möchte), das ein gewisses Talent zum Schreiben voraussetzt. Regelmäßige Fortbildung sind das A und O, wenn Du langfristig im Geschäft erfolgreich sein möchtest.

Und: Auch ein Handwerker muss seine Arbeit verkaufen, und darum machen Akquise und Netzwerken einen großen Anteil an Deinem Job aus.

Texten ist kein Job ohne Menschenkontakt, im Gegenteil! Du hast jede Menge Gelegenheit, auf Workshops und Konferenzen im Bereich Marketing neue Kontakte zu knüpfen. Es gibt Stammtische, die Du besuchen kannst. Und zu guter Letzt kannst Du als Freelancer natürlich auch von überall auf der Welt arbeiten, und dabei coole neue Leute kennenlernen.

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